Ursula Braasch-Schwersmann

Am 17. Dezember 2021 ist Ursula Braasch-Schwersmann nach schwerer Krankheit verstorben.

Geboren wurde sie im schleswig-holsteinischen Eutin am 2. Sept. 1955 – also im Jahr der Gründung der Internationalen Kommission für Städtegeschichte (ICHT/CIHV) – und wuchs in Neumünster auf. Ihr Lehramtsstudium der Romanischen Philologie, Geschichte und Sozialkunde nahm sie im Wintersemester 1974/75 an der Philipps-Universität Marburg auf. Dem Ort wie der Universität blieb sie zeitlebens verbunden. Unter ihrem akademischen Lehrer Prof. Dr. Fred Schwind (1929–2004) erhielt sie 1979 eine erste Anstellung als studentische Hilfskraft im Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde. 1980 wurde sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem Ausstellungsprojekt anlässlich des 750. Todestages der Heiligen Elisabeth von Thüringen beschäftigt. In den nächsten Jahren war sie an unterschiedlichen Projekten des Hessischen Landesamtes beteiligt, beispielsweise an der Fertigstellung des Geschichtlichen Atlas von Hessen. 1988 wurde sie im Fachbereich Geschichtswissenschaften mit einer Arbeit über das Marburger Deutschordenshaus im Spätmittelalter promoviert. Die Geschichte der geistlichen Ritterorden, insbesondere des Deutschen Ordens, und der Heiligen Elisabeth beschäftigten sie bis in ihre letzten Jahre. Als Nachfolgerin von Fred Schwind übernahm sie 1995 die Leitung Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde.

Unter ihrer Leitung trat das Landesamt auch dem Kreis der europäischen Städteatlasproduzenten bei. Als Mitglied der ICHT/CIHV entwickelte sie die Richtlinien, etwa bezüglich Kartenkanon und Farbgebung, mit. 2005 wurde im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst in Wiesbaden schließlich die 1. Lieferung des Hessischen Städteatlas präsentiert. Neben dem Städteatlas förderte sie zudem das Historische Ortslexikon und betrieb in Zusammenarbeit mit Kolleg:innen die Herausgabe des Hessischen Jahrbuchs für Landesgeschichte und der beiden Schriftenreihen des Landesamtes. Ab den 2000er Jahren begann am Landesamt zudem der Aufbau eines digitalen Fachinformationssystems. In Kooperation mit dem Hochschulrechenzentrum der Universität wurde das „Landesgeschichtliche Informationssystem Hessen“ (LAGIS) entwickelt, das unter den landeskundlich-landesgeschichtlichen Informationssystemen im deutschsprachigen Raum mittlerweile eine führende Rolle spielt. Gegen Ende ihrer Amtszeit wurde ein unter dem Oberbegriff „HLGL Maps“ firmierender web-basierter Kartendienst initiiert. Seit 1993 nahm Ursula Braasch-Schwersmann Lehraufträge an der Philipps-Universität Marburg wahr und 2000 erfolgte die Verleihung einer Honorarprofessur.

Ihre wissenschaftlichen Interessen und beruflichen Tätigkeiten schlugen sich auch in zahlreichen Kommissions- und Beiratsmitgliedschaften nieder. Als Beispiele seien genannt: der Arbeitskreis für Historische Kartographie in der Arbeitsgemeinschaft der Historischen Kommissionen und landesgeschichtlichen Institute (seit 1984); das Kuratorium für vergleichende Städtegeschichte, Münster (seit 1993, Sprecherin des Beirats seit 1999); die Historischen Kommissionen für Hessen (seit 1994), Nassau (seit 1994), Darmstadt (seit 1995) und Thüringen (seit 1997); der Beirat für geschichtliche Landeskunde am Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (Mitglied und 2. Vorsitzende seit 2001); der Landesdenkmalrat in Hessen (seit 2001); die Internationale Kommission für Städtegeschichte (ICHT/CIHV, seit 2008) und die Internationale Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens (seit 2010). Bereits schwer erkrankt, konnte ihr im Oktober 2020 – pandemiebedingt – im kleinsten Kreis eine Festschrift zu ihrem 65. Geburtstag überreicht werden, an der sich auch einige Mitglieder der ICHT/CIHV beteiligt hatten. Im Dezember 2020 verlieh ihr Staatsministerin Angela Dorn die Goethe-Plakette, die höchste Auszeichnung, die das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst vergibt.

Wir werden Ursula Braasch-Schwersmann als stets freundliche und gesprächsbereite Kollegin in Erinnerung behalten, deren Beteiligung und Präsenz besonders an den Tagungen und Veranstaltungen der ICHT/CIHV sowie des Instituts für Vergleichende Städtegeschichte fehlen wird.

Holger Th. Gräf, Marburg